Fachliche Einordnung des Urheberrechtsstreits und Auswirkungen auf den KI-Einsatz in Unternehmen
Der Rechtsstreit zwischen der GEMA und OpenAI sorgt für zahlreiche Rückfragen bei Unternehmen. In Medienberichten wird häufig der Eindruck vermittelt, KI-Systeme könnten künftig rechtliche Risiken verursachen oder gar unzulässig werden. Dieser Fachbeitrag ordnet das Urteil sachlich ein, erklärt die Positionen beider Parteien und zeigt, welche Bedeutung der Fall für Datenschutz, Compliance und den Einsatz von KI-Tools in Unternehmen tatsächlich hat.
1. Ausgangspunkt des Verfahrens: KI-Training und urheberrechtlich geschützte Inhalte
OpenAI verwendet große Textmengen, um Sprachmodelle wie ChatGPT zu trainieren. Die GEMA warf dem Unternehmen vor, dass dabei Liedtexte deutscher Künstler ohne Lizenz verwendet wurden und später teilweise in erkennbarer Form aus dem Modell abrufbar waren.
Im Mittelpunkt stand also nicht der alltägliche KI-Einsatz, sondern die Frage:
Sind Training und mögliche Reproduktion geschützter Inhalte urheberrechtlich relevante Vervielfältigungen – und wenn ja, wer trägt dafür die Verantwortung?
2. Standpunkt der GEMA: Unzulässige Nutzung geschützter Werke
Die GEMA argumentierte unter anderem:
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Geschützte Liedtexte wurden ohne Lizenz genutzt.
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Das Modell konnte Teile dieser Texte nahezu wörtlich wiedergeben.
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Damit gehe die Nutzung über zulässiges Text- und Data-Mining hinaus.
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Das Verhalten sei als urheberrechtliche Vervielfältigung zu werten.
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Für diese Form der Nutzung wären Lizenzen zwingend notwendig.
Die GEMA sah in der Funktionsweise des Modells eine unzulässige Nutzung der Werke ihrer Mitglieder.
3. Standpunkt von OpenAI: Statistische Rekonstruktion statt Speicherung
OpenAI hielt dagegen:
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Das Modell speichere keine konkreten Texte, sondern arbeite auf Basis statistischer Muster.
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Wiedererkennbare Passagen seien nicht Ergebnis einer Speicherung, sondern der Funktionsweise großer Sprachmodelle.
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Das Training stütze sich auf öffentlich verfügbare Quellen und sei durch die TDM-Ausnahmen gedeckt.
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Eine vollständige Lizenzierung aller Trainingsdaten sei technisch kaum umsetzbar.
Aus Sicht von OpenAI liegt keine Vervielfältigung im urheberrechtlichen Sinn vor.
4. Kernaussagen des Urteils: Einzelfall, kein Grundsatz
Das Landgericht München I folgte im Ergebnis der Argumentation der GEMA. Das Gericht stellte fest:
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Das Modell hat einzelne Werke in erkennbarer Form wiedergegeben.
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Dies überschreitet nach Ansicht des Gerichts die Grenzen des Text- und Data-Minings.
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Für solche Inhalte wären Lizenzen erforderlich gewesen.
Wichtig ist jedoch:
Das Urteil beschränkt sich auf einige konkrete, untersuchte Fälle und ist keine pauschale Bewertung aller KI-Modelle oder Trainingsmethoden.
5. Rechtslage: Das Urteil ist nicht rechtskräftig
Für Unternehmen entscheidend:
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Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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OpenAI wird voraussichtlich Rechtsmittel einlegen.
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Grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von KI-Training, Urheberrecht und TDM-Ausnahmen werden erst in höheren Instanzen oder auf europäischer Ebene verbindlich geklärt.
Aktuell hat das Urteil daher keine unmittelbare rechtliche Wirkung für den normalen KI-Einsatz in Unternehmen.
6. Konsequenzen für Unternehmen: Keine Einschränkung erforderlich
Der operative Einsatz von KI-Tools bleibt weiterhin zulässig.
Gründe:
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Die urheberrechtlichen Fragen betreffen das Training der Modelle – nicht die Nutzung durch Unternehmen.
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Unternehmen haften nicht für mögliche Urheberrechtsverstöße eines KI-Anbieters.
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Es besteht keine rechtliche Verpflichtung, KI-Systeme abzuschalten oder einzuschränken.
Für Datenschutz, Informationssicherheit und Compliance ändert dieses Urteil aktuell nichts.
7. Handlungsempfehlungen aus Datenschutz- und Compliance-Sicht
Auch unabhängig vom GEMA-Verfahren empfiehlt sich ein strukturierter Umgang mit KI-Systemen:
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KI-Einsätze dokumentieren: Tools, Zwecke, Verantwortlichkeiten.
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Personenbezogene Daten schützen: Nur an Anbieter übermitteln, die klare Sicherheitszusagen machen.
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Ausgabequalität prüfen: KI-Ergebnisse immer fachlich bewerten.
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Interne Richtlinien weiterentwickeln: Rollen, Freigaben, Einsatzgrenzen definieren.
Diese Maßnahmen erhöhen die Sicherheit – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.
Fazit: Rechtliche Klärung läuft – KI bleibt nutzbar
Der Fall GEMA gegen OpenAI ist ein wichtiger Baustein in der rechtlichen Entwicklung rund um Künstliche Intelligenz. Für Unternehmen ist die Lage jedoch klar:
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Der Einsatz von KI bleibt zulässig.
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Kein aktueller Handlungsdruck.
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Die Verantwortung liegt beim Anbieter, nicht beim Anwender.
Wir beobachten die weitere Entwicklung und informieren, sobald rechtliche Änderungen entstehen, die Auswirkungen auf Unternehmen haben.
Rechtlicher Hinweis & Haftungsausschluss
Die in diesem Fachbeitrag bereitgestellten Informationen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und dienen ausschließlich der allgemeinen fachlichen Orientierung. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle Prüfung des Einzelfalls nicht ersetzen.